
Die Spuren des Feuers
Präsentation: Aschermittwoch, 14. Februar 2024, 18 Uhr, Michaelerkirche, Michaelerplatz 5, 1010 Wien
Ernst Hilger (Galerie Ernst Hilger, Wien) fragte mich vergangenen Sommer, ob ich Lust hätte, ein Fastentuch für die Michaelerkirche in Wien zu erarbeiten. Ich war von dieser Idee angetan, wenngleich das nötige Format, von etwa 6 x 12 Meter, meine größten Arbeiten um das Fünffache übersteigen würde.
Ein neues Format erfordert meist eine neue Herangehensweise und so entschloss ich mich, gänzlich auf die mir vertrauten Materialien zu verzichten.
Ich war auf der Suche nach einem Medium, das es mir ermöglichte, meinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Beeinflusst von düsteren Zukunftsprognosen, den Wirtschaftsstrategien der großen Konzerne, dem Klimawandel, der fortschreitenden globale Zerstörung der Natur, sowie den grauenhaften kriegerischen Auseinandersetzungen unserer Zeit, wählte ich anstelle von Stiften und Farbe schließlich Wasser und Feuer als transformierendes und verformendes - Erde, Asche, Rauch und Kohle als färbendes Medium. Die Spuren des Feuers, apokalyptisch, wie auch wunderschön zugleich.

Das Fastentuch besteht aus etwa 20 verbrannten, geräucherten, mit Asche, Erde und Kohle abgeriebenen und dem Regen ausgesetzten Baumwolltüchern. Die einzelnen Fragmente wurden händisch vernäht, die Tücher bewusst gerafft und geknittert - so entstand ein Bildwerk, mit beinahe skulpturalem Charakter.
Denkt man an den Überfluss der uns umgibt und die Glücksversprechen, mit denen uns die Industrie zum Konsum verführt, so ist der Standort der Michaelerkirche, am Beginn des Kohlmarkts, der ideale Ort für ein Fastentuch - eine Arbeit, die für mich, etwas dystopisch zwar, aber doch die Gegenwart abbildet.
"Wir sterben lieber aus, als auf Überfluss zu verzichten", las ich unlängst in einem Interview mit Peter Sloterdijk und ich befürchte fast, der Philosoph könnte mit dieser Einschätzung richtig liegen. Nimmt man das Fasten wörtlich, dann geht es um Verzicht. Vielleicht liegt der Schlüssel zum Glück in der Einfachheit der Dinge, sowie in deren Reduktion.
Jakob Kirchmayr, Jänner 2024










